Für das aktive Sitzen: Nutzen Sie einen Stuhl mit einer geraden oder maximal leicht nach vorn geneigten Sitzfläche. Das Becken hat beim Sitzen die Form eines aufgeschnittenen Ei´s. Deswegen hat das Becken beim Sitzen die Tendenz, wie eine Murmel nach allen Richtungen zu rollen oder zu rotieren.
Auf einer geneigten Ebene rollt unser Eier-Becken der Schwerkraft folgend immer zum tiefsten Punkt. In der Regel sind Sitzflächen leicht geneigt in Richtung Lehne ausgebildet. Also rollt unser Becken in diese Richtung. Damit Sie nicht hinten vom Stuhl fallen, fängt Sie eine Lehne auf.
Neben einem angespannten Bauch führt dieses Sitzen zu einem weit vor dem Körper gehaltenen Kopf. Ebenso verschiebt sich die Statik des Körpers. Sie sitzen dann nicht mehr auf den Sitzbeinhöckern sondern mehr in Richtung Kreuzbein und Steißbein. Ebenso verschwindet die Lordose, die leichte Krümmung der unteren Wirbelsäule, aus Ihrem unteren Rücken. Das führt zu einer erhöhten Belastung der Bandscheiben, die unter Druck geraten. Irgendwie sind die Bandscheiben jedoch zum Sitzen völlig ungeeignet. ;-) Die Scheibchen reagieren auf die Belastung mit den bekannten Vorwölbungen und Vorfällen. Beim Sitzen auf einer nach hinten geneigten Stuhlfläche sitzen Sie auch sehr unbeweglich. Ebenso verringert sich das Atemvolumen. Das führt wiederum zu einem geringeren Sauerstoffgehalt im Blut und somit auch im Gehirn. Und genau das ist die Grundvoraussetzung, um als Designer und/oder Möbelproduzent solche Stühle fern jeglicher Anatomie und Physiologie zu entwerfen. ;-)
Praxistest: Rollen Sie Ihr Becken aktiv nach vorn und bewegen Sie Ihren Oberkörper in alle Richtungen und/oder drehen Sie Ihren Kopf. Rollen Sie Ihr Becken nach hinten, so dass Ihr Rücken rund wird und bewegen Sie wieder Ihren Oberkörper und / oder Ihren Kopf. Wann Sie sind beweglicher?
Um aktiv zu sitzen bitte ganz weit vorn an der Stuhlkante sitzen
Je weiter vorn in Richtung Stuhlrand Sie sitzen, um so beweglicher sind Sie. Je weiter hinten Sie sitzen, um so mehr sitzen Sie auf Ihren rückwärtigen Oberschenkelmuskulatur. Ohne in das anatomische Detail gehen zu wollen: Jeder Anatom kann Ihnen erzählen, welche Aufgaben die rückwärtige Beinmuskulatur im Körper hat. Das Wort „Sitzen“ wird nicht einmal vorkommen.
Je weiter hinten Sie sitzen, um so mehr quetschen Sie Ihre Beinbizeps zusammen. Um so mehr verkürzen diese und um so unbeweglicher sitzen Sie. Richtig Sitzen bedeutet auf seinen Sitzbeinhöcker zu sitzen. Diese knöchernen Vorsprünge des Becken heißen tatsächlich so und sollten auch von Ihnen dafür genutzt werden.
Praxistipp: Setzen Sie sich und schieben Sie Ihre Hände mit den Handflächen nach oben unter Ihrem Po. Bewegen Sie nun Ihr Becken und Sie fühlen die zwei knöchernen Vorsprünge ganz deutlich. Rollen Sie Ihr Becken nach vorn und Sie werden spüren, wie Ihre Sitzbeinhöcker immer weiter nach hinten gleiten.
An diesen knöchernen Vorsprüngen ist die rückwärtige Oberschenkelmuskulatur befestigt. Sie werden also auch spüren, wie Ihre Beinbizeps länger und dabei gedehnt werden. Rollen Sie Ihr Becken zurück und sitzen Sie mit einem runden Rücken. Sie werden fühlen, wie Ihre Sitzbeinhöcker verschwinden und sich Ihre Beinbizeps verkürzen. Die zu kurzen Beinbizeps führen über Faszien auch zu Unbeweglichkeiten in Ihrem Rücken.
Auch das Anwinkeln der Unterschenkel und das Abstellen der Füße unter oder gar hinter einem Stuhl führen schon nach wenigen Wochen zu Verkürzungen und Verklebungen in den faszialen Bindegeweben in der Wade.
Hinzu kommen Stauungen im Blut und in der Lymphe des Unterschenkels, die zu weiteren gesamtkörperlichen Beschwerden führen können. Ebenso können sich Thrombosen bilden, die sich als "Ziehen" oder Spannungsgefühl bemerkbar machen. Ebenso wie das Gefühl eines "Zerreißungsschmerzes".
Im Internet, wo die Experten wie Pilze aus dem Boden schießen, kursieren viele Meinungen zum richtigen und aktiven Sitzen. Was Sie alle gemeinsam haben: Sie wurden von medizinischen Dilettanten von sich gegeben. Das erkennen Sie daran, dass Winkel angegeben werden. So soll das Fußgelenk und das Knigelenk einen rechten Winkel bilden. Eine Begründung wird Ihnen vorenthalten, weil der Sinn in solchen Behauptungen noch zu suchen ist.
Richtig ist für das aktive Sitzen: Das Hüftgelenk sollte stets höher als die Knie beim richtigen Sitzen stehen. Je höher das Hüftgelenk über dem Knie steht, um so mehr wird Ihr Rücken entlastet. Denn nur dann wird das Gewicht Ihres Oberkörpers auf die Füße übertragen und in den Boden abgeleitet. Steht das Hüftgelenk auf einer Linie mit dem Kniegelenk, liegt die ganze Last Ihres Oberkörpers auf Ihrer Wirbelsäule und dem Becken. Doch soweit wir wissen, tragen immer noch die Füße Ihr Körpergewicht. ;-) Dies gilt auch für das richtige Sitzen. Je höher Sie sitzen, um so beweglicher sind Sie. Ideal wäre dann das Stehen. In dieser Haltung sind Sie sehr beweglich. Sie können laufen, gehen, springen, sich drehen und wenden, beugen, sich zurücklehnen usw. Je tiefer Sie sitzen, um so mehr nimmt diese Beweglichkeit ab.
Stehen die Hüftgelenke beim Sitzen höher als die Kniegelenke werden die Rückseiten Ihrer Beine gedehnt und auseinander gezogen. Beim falschen Sitzen, wenn die Kniegelenke unter oder auf einer Linie mit den Hüftgelenken stehen und die Unterschenkel eingeklappt werden, verkürzen sich die rückwärtigen Partien Ihrer Beine schon nach wenigen Wochen "Kauerhaltung".
Praxistipp: Setzen Sie sich auf eine gerade Sitzfläche und sitzen Sie so tief, dass Ihr Hüftgelenk auf einer Höhe mit den Kniegelenken liegt. Spüren Sie in Ihre Füße. Stellen Sie jetzt die Sitzfläche höher, so dass das Hüftgelenk deutlich über dem Kniegelenk liegt. Spüren Sie wieder in Ihre Füße. Sie werden dort deutlich mehr Körpergewicht auf Ihren Füßen und Druck auf dem Boden erleben.
Achtung: Ob in der Bildzeitung, im Spiegel oder auf Youtube... überall wird Ihnen erzählt, wie schädlich das Sitzen sei. Nur einen wesentlichen Grund kann Ihnen niemand nennen. Während bei allen möglichen Bewegungsarten die Füße das Gewicht tragen, wird beim "falschen" Sitzen mit Rundrücken das Gewicht des Oberkörpers auf die Rückenwirbel L4/L5, den Bandscheiben dazwischen und auf das Kreuzbein übertragen. Das diese Strukturen über Jahre mit solchen Lasten überfordert sind, versteht sich von selbst. Es ist ganz leicht, diese Regionen zu entlasten. Das Hüftgelenk muss nur höher als die Kniegelenke beim Sitzen stehen.
Nur das harte Sitzen ermöglicht es Ihnen, sich entgegen der Schwerkraft aufzurichten. Nur bei einem harten Widerstand bekommen Sie eindeutige Signale Ihrer Rezeptoren im Körper, die Ihnen sagen, dass Sie lange genug gesessen haben. Der Volksmund würde sagen, mir brennt der Arsch. ;-) Genau das ist das Signal, um aufzustehen und sich zu recken und zu strecken und ein paar Schritte zu gehen.
Je weicher und bequemer Sie sitzen, um so diffuser ist das Signal Ihres Körpers und um so länger sitzen Sie. Leider ist ein langes Sitzen schädlich für den Körper. Das ist wie beim Frosch kochen. Werfen Sie ihn in das heiße Wasser, springt er sofort heraus. Legen Sie ihn stattdessen in das lauwarme Wasser und erhöhen Sie die Temperatur allmählich. Der Frosch fühlt sich immer wohler bis er plötzlich gekocht ist. Weich und bequem ist das langsame Erwärmen des Wasser beim Sitzens. Viele Monde ist alles gut und eines Tages wacht man auf und hat starke Rückenschmerzen.
Die Möbelindustrie fängt Sie mit dem Zauberwort „bequem"
Seit Milliarden Jahren passt sich die Zelle der Umgebung an. Deshalb funktioniert das Leben und Überleben. Nur weil sich zahlreiche einzelne Zellen zu einem Verbund finden und für kurze Zeit Sie bilden, wird dieses universelle Prinzip nicht über den Haufen geworfen. Heute sollen sich Matratzen, Stühle, Sofas und vieles mehr dem Menschen anpassen. Bequem, weich und dekadent soll es der Zellhaufen Mensch haben. Leider ist dieses Prinzip gegen die Natur. Und so schickt uns zuerst das universelle Prinzip der Anpassungsfähigkeit eine Botschaft in Form von Schmerzen. Leben wir weiter unnatürlich und rennen stattdessen zum Mediziner, der uns heilen soll während wir so bleiben wollen wie wir sind, bekommen wir eine klare Botschaft. Wer erwartet, dass sich die Dinge gefälligst uns anpassen müssen, wird sich ganz schnell als Humus wiederfinden. So ist das Leben. ;-)
Seien Sie klug. Lernen Sie wieder, sich den Dingen anzupassen. Sitzen Sie härter und schlafen Sie härter. Benutzen Sie Treppen statt Fahrstühle. Stellen Sie an Ihrem Arbeitsplatz Telefon und Drucker soweit weg, dass Sie immer wieder aufstehen müssen. Ihr größter Feind ist Ihre eigene Bequemlichkeit und Faulheit. Deswegen sorgen Sie für Bewegung und stellen Sie alle Utensilien soweit weg, dass Sie sich bewegen und aufstehen müssen. Denken Sie in dem Gesetz der großen Zahl. Wenn Sie jetzt Aufstehen und fünf Schritte gehen müssen, um an Ihre Drucker zu kommen, sind das bei 5 Arbeitstagen 50 Schritte hin und zurück. Im Monat 200 Schritte und im Jahr 2400 Schritte. In 10 Jahren 24.000 zusätzliche Schritte. Wie Sie sehen…. es sind die vielen kleinen Dinge und Veränderungen, die sich am Ende summieren. Und damit geht es beim richtigen Sitzen, Gehen und Stehen los…
Im Körper gibt es ein Prinzip. Was nicht genutzt wird, wird abgebaut und verkümmert. Deswegen empfehlen wir regelmäßig Sex. ;-) Wenn Sie sich beispielsweise einen Arm brechen und den Arm 4 Wochen in Gips tragen, werden Sie erstaunt sein, wenn der Gips entfernt wird. Ihr Arm lässt sich kaum bewegen und ist sehr dünn. Die Muskeln haben sich zurückgebildet und das Ellbogengelenk hat nur noch einen geringen Bewegungsradius. Nun stellen Sie sich vor, was mit Ihrem Rücken passiert, wenn Sie sich über Jahre anlehnen.
Diese Stütze schwächt Ihren Rücken enorm. Kleine Muskeln, die die Wirbelsäule aufrichten, bleib inaktiv und verkümmern. Muskulatur, die Sie von hinten her aufrichtet, bleibt passiv. Faszienschichten verkürzen sich und werden unflexibel. Sie verlieren jeden Bezug zu Ihrem Rücken und können ihn nicht mehr fühlen. Am Ende steht ein steifer Rücken, der jegliche Funktion verloren hat und sich nur noch durch Schmerz mitteilt. Klugerweise sollten Sie auf eine Lehne verzichten und Ihren Rücken auch beim Sitzen frei und beweglich halten. So erhalten Sie Ihre Gesundheit und die volle Beweglichkeit auch beim längeren Sitzen.
Haben Sie schon mal darüber nachgedacht, dass bei Schuhen selbst mit nur leichten Absätzen Ihre Fersen nie bis auf den Boden reichen? Diese freiwillig eingenommene Fehlstellung verkürzt die Rückseite Ihrer Beine und fehlt zu Fehlstellungen der Beine und Füße. Wir wissen das ganz genau, denn wir behandeln tagtäglich als Faszientherapeuten Menschen mit diesen Verkürzungen. Deswegen tragen Sie bitte auch beim Sitzen keine oder ganz flache Schuhe mit Nulllinie. Langes unbewegliches Sitzen führt prinzipiell zu Verkürzungen in ihrem Körper. Schuhe mit Absätze beschleunigen diesen Prozess. Wir empfehlen diesbezüglich Barfußschuhe. Entweder Senmotic Barfußschuhe aus unserer Produktion „Made in Germany“ oder von anderen Herstellern.